Zwar haben Gudrun Bielz und Ruth Schnell für den „steirischen herbst“ einen Trickfilm zum Standardthema „Gödel/Escher/Bach“gemacht, ohne sich jedoch dabei dem hirnrissigen Kult einer gottähnlichen Denkmaschine anzuschließen.
Klar, daß die Kybernetik der Anfang einer neuen Religion ist, die mit Star Wars ihre Apokalypse prophezeit. Dann freilich wirken Gudrun Bielz und Ruth Schnell wie zwei Atheisten, die in den Kathedralen der Technokratie heimlich schwarze Messen lesen. Das blasphemische Stichwort lautet: Demontage! Demontage der Bilder, Demontage der Realität.
Weil unsere Kultur unermüdlich eine Flut von überflüssigen Bildern generiert, die sich ständig und unaufhaltsam wiederholen, lkonen von Stars, Pin-ups, Models und gestylten Prototypen, die das Wirkliche und das Emotionale parasitär aufsaugen deshalb stellt sich die Aufgabe, die ewige Jugend dieser unsterblichen Phantome effektiv zu zerstören. Elvis ist dafür kein schlechtes Beispiel. Gleichfalls Plüschlove, der erste Computer-Trickfilm von Schnell und Bielz, hier werden Zitate aus Filmklassikern aus dem Kontext gerissen, verfremdet, umfunktioniert und überarbeitet. 39 Steps (von Hitchcock) und High Sierra (von Raoul Walsh, übrigens die erste Hauptrolle von Humphrey Bogart), beide Filme beinahe ein
halbes Jahrhundert alt, bieten auch heute noch unübertroffene Szenen von männlich/weiblicher Sehnsucht, Nähe und Entfernung an. Diese Bilder werden gerastert, mechanisch zerlegt, elektronisch zusammengesetzt, gefärbt, überzeichnet, zerdehnt und beschleunigt … unheimlich witzige Etüden über unsere produzierten Vor-Bilder.
High Technology verspricht Profit, Macht und Bequemlichkeit, das elektronische Paradies. Unter den Händen von Bielz und Schnell wird die Elektronik unbequem und widerspenstig. Sie gebrauchen die omnipotenten Illusionsmaschinen, um die maschinellen Illusionen aufzurollen. Die Bilder werden entmaterialisiert, die Erscheinung löst sich in Schein auf. Die beiden Künstlerinnen berufen sich darauf, daß automatische Rechner, Bildschirme und Telekommunikation unseren Alltag unauffällig unterwandern. Warum also nicht mit dem Zeug hantieren, das uns überall vor der Nase liegt?
Aus: Friedrich Geyrhofer: Der blamierte Computer. Publiziert in: Wiener, November 1985